Bureau Veritas behauptet, die Westsahara sei Marokko
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Das französische Unternehmen, das sich selbst als Experte für Vorschriften bezeichnet, scheint nicht zu wissen, in welchem Land es Unternehmen unterstützt.

07. Mai 2025

„Das französische Unternehmen Bureau Veritas hat offenbar keine Ahnung, in welchem Land es tätig ist. Für ein Unternehmen, das sich mit Qualitätssicherung und Risikomanagement brüstet, ist das ziemlich gravierend. Diesem Unternehmen ist einfach nicht zuzutrauen, Firmen dabei zu helfen, gesetzliche Vorschriften und Sicherheitsstandards einzuhalten“, erklärte Erik Hagen von Western Sahara Resource Watch (WSRW).

WSRW hat festgestellt, dass Bureau Veritas zunehmend ausländische Unternehmen in den besetzten Gebieten der Westsahara unterstützt. Dies geschieht durch die Teilnahme an oder das Sponsoring von Veranstaltungen und die Zertifizierung marokkanischer und ausländischer Unternehmen in den besetzten Gebieten.

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat zehnmal geurteilt, dass die Westsahara nicht zu Marokko gehört, und sich damit der Position anderer internationaler Gerichte, darunter des Internationalen Gerichtshofs (IGH), angeschlossen. Bureau Veritas scheint sich um diese rechtlichen Feststellungen nicht zu kümmern.

Zuletzt war Bureau Veritas am 10. April 2025 Mitveranstalter einer von marokkanischen Exportunternehmen in Dakhla im besetzten Gebiet organisierten Veranstaltung. Dies ist nur das jüngste Beispiel einer ganzen Reihe von Engagements.

Im April 2025 war Bureau Veritas offenbar Mitorganisator einer Veranstaltung in Dakhla (siehe Facebook oder Download).Die Aktion in dem besetzten Gebiet wurde von der Confédération Marocaine des Exportateurs (ASMEX) und dem französischen Unternehmen Engie organisiert. Siehe auch die marokkanische Berichterstattung über die Veranstaltung hier (Download hier).

„Alle Partner haben ihre Bereitschaft bekundet, marokkanische Exportunternehmen bei der Umsetzung von Projekten mit starken ökologischen und wirtschaftlichen Impact zu unterstützen“, sollen die Partner der Veranstaltung vom April 2025 in Dakhla gegenüber einem marokkanischen Medienunternehmen erklärt haben.

Das französische Unternehmen Engie scheint einer der Hauptorganisatoren der Veranstaltung gewesen zu sein. In den marokkanischen Medien wird nicht erwähnt, dass die landwirtschaftlichen Erzeugnisse, die aus dem derzeit von Engie zum Abschluss gebrachten Projekt hervorgehen werden, im Rahmen der Handelsabkommen zwischen der EU und Marokko nicht legal in die EU exportiert werden können, da der EuGH entschieden hat, dass eine solche Praxis gegen das Völkerrecht und das Selbstbestimmungsrecht des sahrauischen Volkes verstößt.

Im Jahr 2021 besuchten Vertreter von Bureau Veritas die Westsahara [Download hier], um in Zusammenarbeit mit den marokkanischen Behörden an einer Wirtschaftsveranstaltung in der Westsahara teilzunehmen.

Ein Vertreter von Bureau Veritas schrieb am 22. September 2023 auf LinkedIn, dass Bureau Veritas Inspektionen von Ölhändlern sowohl in El Aaiún als auch in Dakhla, beide in der besetzten Westsahara, durchführt.

„Diese Initiative ist Teil des Entwicklungsplans für die Südprovinzen Dakhla-Oued Eddahab und Laâyoune-Sakia El Hamra, der 2015 von Seiner Majestät König Mohammed VI. ins Leben gerufen wurde und vor Ort durch ein Investitionsprogramm und mehrere groß angelegte Strukturprojekte umgesetzt wird“, schrieb das Unternehmen auf seiner eigenen Website.

Die Behauptung der marokkanischen Regierung und von Bureau Veritas, Dakhla liege in den „südlichen Provinzen“, wurde von den Vereinten Nationen, dem EuGH, dem IGH und dem Afrikanischen Gerichtshof für Menschenrechte und Rechte der Völker zurückgewiesen.

WSRW schrieb an Bureau Veritas bezüglich seiner politischen Position zur Besatzung der Westsahara im November 2024 und hat bis heute keine Antwort erhalten. Unter anderem wurde gefragt, ob Bureau Veritas die sachlich falschen Angaben, wonach die Westsahara Teil Marokkos sei, von seiner Website entfernen werde.

Das Unternehmen hat auch eine Reihe von marokkanischen Unternehmen im besetzten Gebiet zertifiziert und dabei fälschlicherweise angegeben, dass diese in Marokko ansässig seien. Noch im Februar 2025 stellte Bureau Veritas ein Zertifikat für nachhaltige Aquakultur mit falschen geografischen Angaben aus (Download hier), in dem behauptet wird, die Stadt Dakhla liege in Marokko. Der EuGH hat am 4. Oktober 2024 entschieden, dass Produkte aus der Westsahara in Europa nicht als marokkanisch gekennzeichnet werden dürfen. Damit trägt Bureau Veritas dazu bei, die europäischen Verbraucher:innen über das tatsächliche Herkunftsland der in diesem Gebiet hergestellten Waren zu täuschen.

„In Anbetracht der Artikel auf der Website, in denen Bureau Veritas Maroc das Gebiet als ‚Südprovinzen‘ Marokkos bezeichnet, inwieweit ist Bureau Veritas der Ansicht, dass es sich selbst als glaubwürdige, unabhängige Zertifizierungsstelle disqualifizieren könnte, wenn es solche politischen Aussagen trifft, die im Widerspruch zur internationalen und EU-Rechtsprechung stehen?“, fragte WSRW.
 

Gefunden auf der Website am 23.04.2025 (Download hier). Die politische Position von Bureau Veritas zur Besatzung unterscheidet sich grundlegend von der des höchsten Gerichts in Europa und von der Position der Vereinten Nationen.


PS: Die letzte von Bureau Veritas gesponserte Veranstaltung in Dakhla im April 2025 fand im Tulum Beach Resort statt, genau an dem Ort, an dem die marokkanische Niederlassung des französischen Versicherungsunternehmens AXA 2023 eine Party veranstaltet hatte. WSRW hat das AXA-Video geolokalisiert und konnte feststellen, dass es im Azur Restaurant Dakhla aufgenommen wurde, das zum selben Tulum Resort gehört.

 

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